Frankreich. Der Front National – heute Rassemblement National – kämpft jahrzehntelang für mehr Einfluss im Land. Immer wieder scheitern sie knapp. Immer wieder gegen neue Allianzen. Politisch herrscht weiter Stillstand. Frankreich fällt wirtschafts- und sozialpolitisch zurück. Die Vorstädte versinken im Chaos. Immer öfter brennen ganze Regionen. Als mit Charlie Hebdo, Bataclan, Nizza, schließlich ab 2015 sogar noch die vom FN befürchtete Terrorwelle ganz Frankreich erschüttert, scheint die Zeit endlich gekommen, die politische Notbremse zu ziehen. Alle Umfragen sehen den FN deutlich vorn. Über Nacht erscheint dann Macron auf der Bildfläche. Der politische Nobody gewinnt mit fürstlich ausgestattetem Wahlkampf die Mehrheit und verhindert eben noch rechtzeitig eine politische Wende. Die Presse frohlockt – Le Pen? Hat sich verzockt!
Österreich. Durch eine mehr als mysteriöse Kommandoaktion mit Mietnutte, Oligarchenvilla, reichlich Alkohol und heimlich gedrehten Videos wird hier im Handstreich die irrtümlich zustandegekommene, migrationskritische Regierungskoalition gesprengt. Anschließend muss mit Herbert Kickl noch ein Innenminister aus dem Amt entfernt werden, dem man zwar substanziell ebensowenig an die Jacke heften kann wie zuvor Strache, der aber eben eine stringente Einwanderungspolitik verfolgt. Hierzu wird Kanzler Kurz höchstselbst in einem seltsamen Pokerspiel genötigt. Kurz wiederum wird dann später seinerseits von einem grünen Bundespäsident, der kurz zuvor per gerichtlich angeordneter Wahlwiederholung ins Amt gehievt wurde, aus der Regierung gedrängt. Am Rand assistieren mit „investigativen“ Artikeln immer wieder – die Süddeutsche Zeitung und ein Herr Böhmermann. Etwas weniger offen – deutsche Geheimdienste und kaum sichtbar – ganz viele sonstige „glückliche Gegebenheiten“. Am Ende findet sich eine weitaus leisere und europakonformere Regierung an den Schalthebeln. Die Presse titelt…Kurz? Hat sich verzockt!
Italien. Auch hier jubeln die Massen einem Innenminister zu, der nach Jahrzehnten katastrophaler Zustände zu einer kontrollierten Einwanderung zurückkehren will. Er schließt die Häfen für die unentwegt pendelnden Seenotrettungs-Fähren, worauf die Zahl der Ertrunkenen im Mittelmeer rapide sinkt und das Schleppergeschäft zurückgeht. Nicht in den klassischen Medien aber um so mehr in sozialen Netzwerken kursieren nun täglich Bilder von Salvinis Bad in der Menge. Die Umfragewerte sehen auch ihn im Fall von Neuwahlen mit gewaltigem Abstand vorn. Zweifellos würde er zum Ministerpräsidenten aufsteigen. Als er eben diese Wahlen verlangt, finden sich urplötzlich politische Kräfte zusammen, die sich eben noch spinnefeind waren. Die Presse reagiert süffisant…Salvini? Klar, hat sich verzockt!
Großbritannien. Einer der letzten großen Nettozahler im ausufernden Brüsseler Selbstbedienungs- und Neuverteilungsladen. Es gibt ein unumstößliches Votum der Bevölkerung, dass den Ausstieg aus diesem Filz vorsieht, um wieder die Herrschaft über die Richtlinien der Politik zu erlangen. Es geht auch hier ganz maßgeblich auch um Migration und die diesbezügliche Bevormundung durch Deutschland. Entgegen der andauernden und gezielten Panikmache unter anderem – wen wunderts – aus deutschen Gazetten, verliert die britische Wirtschaft durch das Referendum keineswegs an Fahrt, sondern sieht eine ganze Reihe wirtschaftlicher Aufwärtsentwicklungen. Die traditionell starke transatlantische Achse erweist sich als wirksame Rückendeckung, die das Brüsseler Gängelband verzichtbar erscheinen lässt. Der Brexit indes wird dennoch Jahr um Jahr mit immer neuen Tricks aufgeschoben. Was interessiert der Wähler? Was nicht sein darf, wird einfach nicht passieren. Und nun – weil Johnson endlich Nägel mit Köpfen machen will – passiert natürlich das, was immer und überall in Europa passiert. Es finden sich – auch hier ganz plötzlich – Abgeordnete, die das Lager wechseln. Die Schlagzeilen der Presse bemühen sich gar nicht erst um Kreativität. Es reicht natürlich die selbsterfüllende Prophezeiung. Johnson hat sich ganz einfach nur…? Verzockt!
[Gastbeitrag von Rocco Burggraf]