Basta-Politik im Ziegelhofgebiet

Der ein oder andere Vertreter im Stadtrat mag sich am Abend des 21. April gedacht haben, dass der Wertstoffhof im Starenweg eigentlich ideal gelegen ist, zumal auf diese Weise Argumente, Bedenken und Unterschriftenlisten der Gegner einer Bebauung des Ziegelhofgebiets mit Wohnungen für Asylbewerber schnell und fachgerecht entsorgt werden könnten. Aber der Reihe nach:

Am 21. April 2016 fand die von der Stadt Frankenthal einberufene Bürgerversammlung betreffend die Änderung des Bebauungsplans des Ziegelhofgebiets zugunsten von Wohnungen für Asylbewerber statt, nachdem eine entsprechende Versammlung bereits zwei Wochen zuvor aufgrund städtischer Fehlplanung und des damit einhergehenden Sitzplatzmangels ausfallen musste. Über 500 Bürger kamen in das Congressforum, wobei eine Bürgerinitiative dem Stadtrat bereits im Vorfeld eine Unterschriftenliste mit über 900 Unterschriften gegen die Änderung des Bebauungsplans vorgelegt hatte.

Durch den Abend führte eine eigens zu diesem Zweck engagierte Moderatorin, was unweigerlich die Frage aufwarf, ob sich in der gesamten Verwaltung kein(e) Kandidat(in) für diese Aufgabe finden lassen konnte, schließlich dürften sich die Kosten für einen derartigen externen Moderator in einem mittleren vierstelligen Bereich bewegen. Der ehemalige OB Wieder hätte sich diese Blöße wohl nicht gegeben und sich dieser Aufgabe selbst angenommen. Aber man sollte hier nicht kleinlich sein, schließlich wird ein Volk, das sich anschickt, alle Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge dieser Welt aufzunehmen, zu beherbergen und zu verpflegen, sicher auch gerne dafür mit seinen Steuerzahlungen aufkommen.

Die Stadtoberen hatten jedenfalls geladen, um den Anwesenden Bürgern und zusammengetrommelten Parteigenossen eine Lektion zu erteilen was ihr Verständnis von Bürgerbeteiligung ist. Der ohnehin knapp bemessene Zeitrahmen sollte, so der Plan, zur Hälfte mit Plattitüden zu den, wie es schien, bereits deutlich fortgeschrittenen Planungen des Wohnheims ausgefüllt werden.

Nicht gerechnet hatte man jedoch mit dem verfestigten Widerstand der Frankenthaler Bürger. So musste die erste, außerplanmäßige Wortmeldung aus dem Auditorium mit der Aufforderung, die Fragen der Anwesenden vorzuziehen und so mehr zeitlichen Spielraum zu haben, erst einmal abgebügelt werden, was sowohl der moderierenden Fachkraft als auch dem Stadtoberhaupt sichtlich Mühe und allen Anwesenden deutlich machte, worum es an diesem Abend wirklich ging. Jedenfalls nicht um einen ergebnisoffenen Dialog mit dem Ziel, die Bedenken der Betroffenen ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

OB Hebich erteilte sich sodann als erster das Wort. Das Hauptanliegen des Oberbürgermeisters war es offensichtlich, von den ursprünglich verlautbarten „Wohnungen für Flüchtlinge“ wegzukommen, um nunmehr nur noch von Wohnungen für „breite Schichten der Bevölkerung“ zu sprechen. Er fühlte sich in diesem Zusammenhang gar genötigt, dieses anfängliche Missverständnis „auf seine Kappe zu nehmen“. Eine solche Entschuldigung mag lobenswert sein, ob es sich hier aber tatsächlich um ein Missverständnis und nicht vielmehr um einen Etikettenschwindel handelt, ist zweifelhaft. Zieht man nämlich jüngere Erkenntnisse, wie beispielsweise des renommierten IfO-Instituts, hinsichtlich der Chancen der sogenannten Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt zu Rate, dürfte es sich bei den Flüchtlingen zum größten Teil letztlich um genau diejenigen „einkommensschwachen Menschen“ (OB Hebich) handeln, für die derartige Wohnungen errichtet werden müssen. Und durch deren Anwerbung und –siedlung der Wohnraum in Frankenthal und anderswo zwischenzeitlich knapp wird.

In der nachfolgenden Fragerunde wurde von einem jüngeren Bürger, der bestätigen konnte, dass das betroffene Areal um den Ziegelhofweg von der Jugend intensiv für Sport- und andere Freizeitaktivitäten genutzt wird, die Frage aufgeworfen, warum man denn nicht das Industriegebiet im Norden Frankenthals für ein derartiges Projekt herangezogen habe, statt eine Grünfläche im Herzen des Ziegelhofgebiets, zumal dort chronischer Leerstand herrscht. OB Hebichs Erwiderung, dass dies im Bebauungs- bzw. Nutzungsplan des genannten Industriegebiets nicht vorgesehen sei, trägt fast schon satirische Züge angesichts der Tatsache, dass man ja gerade dabei ist, sich über bestehende Bebauungs- bzw. Nutzungspläne im Ziegelhofgebiet mit einem Federstrich hinwegzusetzen.

Einhelliges Kopfschütteln im parteifreien Teil des Publikums war das Ergebnis und eine junge Dame aus dem Publikum bezeichnete diese Argumentation treffend als „Augenwischerei“. In diesem Zusammenhang wurde dem Stadtrat auch vorgeworfen, keine durchdachte und langfristige Stadtplanung zu betreiben, sondern lediglich kopflos und kurzfristig auf sich ändernde Randbedingungen zu reagieren. Touché!

Auch der Vertreter der örtlichen Bürgerinitiative griff die Frage der Standortwahl auf und bat OB Hebich wiederholt um Nennung der vom Stadtrat angeblich geprüften dreißig (!!!) Alternativen zum Ziegelhofgebiet. Die Antwort blieb der Oberbürgermeister jedoch mit der Ausrede schuldig, dass eine Diskussion der alternativen Standorte unfair sei, wenn die Bürger aus diesen alternativen Standorten nicht anwesend seien. Dies obwohl man die vom Stadtrat ins Auge gefassten Alternativen gar nicht diskutieren, sondern einfach benannt haben wollte. Dieses Manöver des Oberbürgermeisters ist nur unter einer Prämisse verständlich: Angesichts des anhaltenden asylpolitischen Alleingangs der Bundeskanzlerin in Europa muss davon auszugegangen werden, dass die Völkerwanderung nach Deutschland im Sommer 2016 wieder an Fahrt aufnehmen wird und infolgedessen auch in Frankenthal erneut Wohnungen für sogenannte „breite Schichten der Bevölkerung“ geschaffen werden müssen. Spätestens dann werden die derzeit noch zurückgestellten Alternativstandorte wieder auf der Tagesordnung stehen und der Stadtrat möchte durch die Nichtnennung derselben offensichtlich vermeiden, dass sich bereits im Vorfeld ein breiter Widerstand der Bürger an den betroffenen Standorten formiert, wie dies selbst nach relativ kurzer Zeit im Ziegelhofgebiet eindrucksvoll gelungen ist.

Die entscheidende Frage des Abends für die meisten der anwesenden Bürger war jedoch, ob es sich bei dem Bebauungsplanverfahren im Ziegelhofgebiet tatsächlich um ein „ergebnisoffenes“ Verfahren handelt und die Bebauung noch verhindert werden kann. Kurz gesagt: Nein. Der Stadtrat stufte einerseits die Unterschriftenliste der Bürgerinitiative als nicht entscheidungsrelevant ein und lehnte andererseits ein von der Bürgerinitiative vorgeschlagenes Moratorium ab. Die in diesem Zusammenhang immer wieder von OB Hebich beteuerte Gesprächsbereitschaft des Stadtrates musste wie Hohn in den Ohren der Bürger klingen, zumal diese sicher nicht angetreten waren, um über die Farbe des Außenanstrichs des geplanten Neubaus zu diskutieren. Selbst wenn es zu diesem Zeitpunkt noch Zuhörer gegeben haben sollte, die noch nicht wahrhaben wollten, dass die Meinung der Bürger bei den Altparteienvertretern im Stadtrat keinen hohen Stellenwert genießt, so wurden diese durch den nachfolgenden Redebeitrag von Herrn Dr. Bruder (Grüne) wohl endgültig eines Besseren belehrt.

Herr Dr. Bruder (Grüne), selbst Ratsmitglied im Stadtrat, hat sich unter das Publikum gemischt und fühlte sich berufen, den Stadtoberen auf der Bühne zur Seite zu springen. Die von den Bürgern vorgebrachten Bedenken hinsichtlich Flora und Fauna in dem zukünftigen Baugebiet tat er ab, indem er die Bürger als „radikale Naturschützer“ verspottete und feststellte, dass es doch auf die „paar Störche“ nicht ankäme. Es folgte eine Selbstbeweihräucherungsorgie, in deren Rahmen er hervorhob, dass jedes Ratsmitglied viel Zeit investiere und um jede Entscheidung im Stadtrat gerungen und gestritten werde, was man aufgrund der im Grunde einstimmigen Entscheidung in Sachen Ziegelhofgebiet jedoch ernsthaft bezweifeln darf. Auch warf der Grünen-Politiker den Bürgern vor, sich nicht ausreichend politisch zu engagieren, was angesichts des großen Engagements z. B. der Bürgerinitiative wohl nur als schlechter Witz bezeichnet werden kann. Darüber hinaus vermisse er die Teilnahme der Bürger an den öffentlichen Stadtratssitzungen und ließ dabei geflissentlich außer Acht, dass diese Sitzungen stets zu Zeiten stattfinden, in denen die meisten Bürger noch ihren beruflichen und familiären Pflichten nachkommen müssen. Auch ein Vertreter der Bürgerinitiative, der an einer dieser Sitzungen teilgenommen hatte, machte darauf aufmerksam, dass es ihm nicht gestattet gewesen sei, bei der Sitzung Fragen an die Vertreter im Stadtrat zu richten. Des Weiteren wies Herr Dr. Bruder darauf hin, dass es in Deutschland nun mal keine Volksabstimmungen im Sinne des Schweizer Modells gäbe, wobei sich dessen diesbezügliches Bedauern – vorsichtig formuliert – in Grenzen hielt.

Der Grünen-Politiker Bruder steht damit sinnbildlich für die Denkweise des Stadtrats, dessen Vertreter auf der Bühne des Congressforums den Vortrag grinsend und kopfnickend zur Kenntnis nahmen. Krönender Abschluss des Auftritts von Herrn Dr. Bruder war, dass sich dieser nach Abschluss der Rednerliste erneut ans Publikumsmikrofon begab, ehe ihn ein Bürger darauf aufmerksam machte, dass die Versammlungsordnung auch für ehrenwerte Ratsmitglieder gelte. Aber man sollte sich nicht allzu lange mit den Grünen auseinandersetzen, schließlich haben die Frankenthaler diese Partei und ihre Vertreter längst durchschaut und ihnen bei den zurückliegenden Landtagswahlen eine krachende Niederlage beschert. Wäre es allein nach den Frankenthaler Wählern gegangen, so wären die Grünen an der 5%-Hürde gescheitert und nicht mehr im Rheinland-Pfälzischen Landtag vertreten. Eine begrüßenswerte Entwicklung einer entbehrlichen Bevormundungs-Partei.

Fazit: Die ernüchternde Erkenntnis des Abends ist, dass der Stadtrat das Bauplanungsverfahren und letztlich den Bau der Wohnblöcke um jeden Preis durchziehen wird. Die gebetsmühlenartig wiederholte Aussage OB Hebichs, dass sich dieses Verfahren ja „erst noch am Anfang“ befände, ändert hieran nichts. Sollte sich der betroffene Bauplatz also beispielsweise nicht als dauerhaft kontaminiert herausstellen, dürfen sich die Bürger des Ziegelhofgebiets darauf einstellen, dass in Zukunft die Bagger anrollen, um ein dreigeschossiges steinernes Manifest von Merkels neuem Gesellschaftsexperiment zu errichten. Die im Rahmen des Bauplanungsverfahrens vorgesehenen zwei „Bürgerbeteiligungen“ werden sich auf Umsetzungsdetails beschränken, z. B. dass der Bürger Vorschläge hinsichtlich der Auswahl der Pflanzen zur Dachbegrünung des Neubaus einbringen kann. Echte Bürgerbeteiligung sieht anders aus.

Die Frankenthaler jedenfalls dürften sich der Arroganz der örtlichen Statthalter dieser Politik nunmehr zweifelsohne bewusst geworden sein und diese zu gegebener Zeit zu quittieren wissen. Auch wird die AfD in Frankenthal die „Anregung“ von Herrn Dr. Bruder beherzigen und sich noch stärker politisch engagieren und einbringen, insbesondere dem Stadtrat weiterhin kritisch auf die Finger schauen, um für eine den Willen der Bürger berücksichtigende und langfristig durchdachte Stadtplanung zu streiten, die dem Bedürfnis der Frankenthaler nach einem lebenswerten und sicheren Umfeld Rechnung trägt.

Wer sich für echte Demokratie entscheidet, einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen befürwortet und die Interessen des Staatsvolkes nicht außen vor gelassen haben möchte, der ist eingeladen, uns auf diesem Wege zu begleiten!